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La Paz 25.-28.09.2007

Auch den dritten Teil der Shopping-Mania im Markt-Irrgarten La Paz haben wir ueberstanden. Diesmal ist Andreas auch noch auf seine Kosten gekommen, nachdem er traurig an unzaehligen Sportgeschaeften und -staenden vorbei gehen musste, ohne dass auch nur ein einziger Laufschuhe in seiner Groesse im Sortiment hatte. Nike, Adidas, Reebok - die tollsten Modelle strahlten fuer 20-30 Euro von den Waenden. Bei Groesse 44 war aber stets schluss. Aber immerhin gab es Calvin Kline und Levis-Jeans - selbstverstaendlich total echt... Fuer 7,50 Euro packt man aber gern mal welche ein. Unser Paket mit all den schoenen Artesanias, den neuen Klamotten und Beates Regal fuellenden neuem Schuhbestand wog 16 Kilo und ist jetzt hoffentlich auf der Reise in die Heimat. Ueber 100 Euro kostet der Versand, was im Vergleich zu den Nachbarlaendern ein Spottpreis ist. In Peru z. B. muesste man dafuer locker das Doppelte hinlegen. Dafuer muss man in La Paz lediglich einen knapp 90 Minuetigen Staatsakt mit Formularen, arbeitsunwilligen Beamten in Reinform, die einen alle auf ihren bevorstehenden Feierabend hinwiesen aber dann doch gluecklicherweise ein paar Ueberminuten machten (Deutsche Beamte sind dagegen schuftende Tiere) und Einpackorgien ueberstehen.

Sorata, Cordillera Real 28.09.-04.10.2007

Um uns vom ganzen Shopping-Stress zu erholen, sind wir ins als DAS Abhaenger-Dorf Boliviens beschriebene Sorata gefahren. Es liegt auch ganz schoen in einem tiefen Tal mit den Eisgiganten Illampu und Ancohuma als fast schon kitschige Hintergrundkulisse - wenn man die beiden ueber 6.300 Meter hohen Berge denn mal zu sehen bekommt. Meist verhuellte Rauch die Gipfel - aber das ist eine ander Geschichte. Die Plaza des Ortes ziert eine Statue, bei der man unweigerlich an einen kleinen Oesterreicher mit spaeter verliehenen deutschen Staatsangehoerigkeit denken muss, der in den 20er Jahren zur Bestie metarmorphierte und sich bald aufmachte, die Welt in Schutt und Asche zu legen. Wir hoffen, die Aehnlichkeit war ungewollt. Sorata ist angesichts solcher Naehe zu den Bergen auch idealer Ausgangspunkt fuer Wanderungen von beliebig langer Dauer in die Cordillera Real. Ein von einer Deutschen namens Petra - ehemalige Studentin aus dem Schwaebischen - gefuehrtes Hostal sollte unser Basislager fuer unsere Unternehmungen sein. Doch Beate hatte es mal wieder erwischt! Sie wurde zur Genesung in Petras Hostal geparkt.

Von Andreas:

Ich wollte anhand meiner guten Karte zu den drei Lagunen Illampu, Chillata und Glaciar, letztere auf 5088 Metern. Ohne Guide und Traeger, wie ueblich. Ein beliebter Treck, besonders zu den Lagunen Chillata und Glaciar. Mein Weg hinauf fuehrte mich zunaechst wie gewohnt durch kultivierte Huegellandschaft mit all den bekannten Begleiterscheinungen wie in Peru, also nach Geschenken und Bonbons fragenden Kindern und etlichen in die Irre fuehrenden, durch Mensch und Tier getrenenen Pfaden. Dank meiner Karte konnte ich aber ohne Umwege recht zuegig nicht mehr bewirtschaftetes Waldgebiet erreichen und stieg unbeirrt hoeher und hoeher. Ein paar Eselsfuehrer kamen mir entgegen, irritiert, dass ich ohne Guide ging. Den Grund sollte ich bald erfahren. Die 1.300 Hoehenmeter zur kleinen Kommune Lakathiya auf 3.900 Metern waren recht zuegig ueberwunden. Dort empfingen mich wie erwartet die "Schenk-mir-was-Kinder". Nicht anders als in Peru hat auch hier das "Regalame" (Beschenk mich) das Buenos Dias ersetzt. Doch ich war ja vorbereitet und auf Petras Bitte hin, schleppte ich ganz entgegen meiner Absicht tatsaechlich Bananen, Mandarinen, Kugelschreiber, alberne Hannover-Logo-Pins und ein paar Kaugummis in dieses Nest und verteilte den Krempel nach vorangegangener Predigt, wie schaedlich die vehement gewuenschten Bonbons fuer ihre Zaehne sind und was fuer ein unfassbar tolles, wichtiges und wertvolles Geschenk doch diese Hannover-Logo-Pins waeren. So waren sie gleucklich und ich sie los, den Dorfschullehrer aber nicht! Stolz fuehrte er mich in seine Schule, die aus einem einzigen Klassenzimmer mit einigen Bildern der menschlichen Wirbelsaeule, dem Alphabet und einigen Zahlenbeispielen bestand. Ich bestaetigte seine Frage, dass die Schulen in Deutschland etwas anders aussehen, fuegte aber aufgrund Berichten von Lehrern aus meinem Freundeskreis auch hinzu, dass seine Schueler sicherlich etwas fleissiger seien. Er zog eine grosse Kladde hervor und bat mich um einen Eintrag. Ich hielt es erst fuer ein Gaestebuch, doch in Wirklichkeit sollte ich mich registrieren. Das taeten alle Touristen und wuerde meine Sicherheit garantieren. Es waere ja gefaherlich droben ganz allein. Die Gebuehr dafuer bezifferte er mit 100 Bolivianos (10 Euro). Ich dachte, ich hoere nicht richtig. Ja, er wollte tatsaechlich einen Wegezoll! Ich erwiderte, dass ich ja wohl kaum so viel Geld hier in die Berge schleppen wuerde, wo es keinerlei Laeden gaebe, in denen ich es ausgeben koennte. Wieviel ich denn mithaette, fragte der geldgeile Sack nun und wandt sich etwas heraus, es waere ja fuer die Schule. Um die recht gute Stimmung nicht im Streit enden zu lassen, drueckte ich ihm 30 Bolis in die Hand, mit dem Hinweis, nun haette ich nichts mehr. Freudig zeigte er mir den Weiterweg, indem er auf einen der ca. 34 Pfade wies. Der Kargheit der Berge wegen, war es auch egal, welchen Weg ich waehlte und schraubte mich die letzten Meter aufwaerts. Der Lohn fuer die nunmehr 1700 Hoehenmeter mitsamt Gepaeck fuer 4 Tage und naechtlichen Temparaturen unter 0 war ein fast ausgetrockneter Tuempel neben einer kleinen Pfuetze. Die Laguna Illampu auf 4.300 Metern war gefunden, mit ihr seine Bewohner, naemlich drei Schafherden und knapp 50 Lamas. Hier konnte ich unmoeglich bleiben und ging enttaeuscht um den Berg zurueck zu einem netten Flusstal, wo es halbwegs frisches Wasser gab und ich sogar den maechtigen Illampu vor Augen hatte. Die Nacht senkte sich schnell herab. Es blieb gerade noch genug Zeit, Tee und Essen zu kochen. Blieb die bange Frage, was dran war an den Hinweisen, es waere hier nicht ganz ungefaehrlich. So schlief ich mit einem halboffenen Ohr, das hauptsaechlich das Plaetschern des Flusses vernahm, gut beschuetzt von fuenf Lamas, die es sich etwa 50 Meter neben mir bequem machten.

Ich hatte schliesslich doch recht gut geschlafen. Dort oben war keine Menschenseele. Ich entschloss mich, den direkten Weg ueber die Berge zu gehen, statt den langen, aber sicherlich bequemen Weg erst 700 Meter wieder runter und dann 700 Meter wieder rauf. Bloss nicht nochmal durch Lakathiya, lieber ueber die Gletscher des Illampu. So schlimm sollte es nicht werden, das Problem aber war: Es gab gar keinen Weg. Vor dem Fruehstueck stieg ich erstmal einen Huegel knapp auf 4.450 Meter hoch, um mir einen Ueberblick zu verschaffen, wie ich auf der anderen Seite die Klippen runterkomme. Es gab tatsaechlich einen einzigen Durchlass, der in ein weiteres Becken fuehrte. Einige Pfade waren in der Ferne zu sehen, aber kein Weg, der in meine Richtung wies. Mit etwas Karte-Kompass gelang es mir aber recht problemlos, entlang des riesigen Hanges markante Punkte zu erreichen, wo tatsaechlich wieder Pfade auftauchten, die durch weitere Klippen fuehrten. Ein wenig auf und ab, am Schluss nochmal ein herzlich steiler Anstieg und die Lagune Chillata war erreicht. Sie liegt wahrhaftig schoen im Schatten des 6.368 Meter hohen Illampu und des 6.429 hohen (??? - manche meinen er waere fast 7.000 Meter hoch, was verschiedene Messungen bestaetigen) Ancohuma und lockt etliche Wandergruppen mit Guides und Pferdchen an. Ich hatte Glueck und war noch vor der Ankunft von drei Gruppen da und baute mein Zelt daher an einer denkbar guten, windgeschuetzten Stelle auf. Zwei Guides kamen an und drueckten ebenfalls ihr Erstaunen aus, dass ich ganz allein ohne Guide ginge. Sie sehen es wohl als Affront, wenn sich jemand ohne einen ihrer Zunft in die Wildnis wagt. Nun, wuerde das jeder machen, waeren sie arbeitslos. Nachdem ich bejahte, dass ich morgen zur Laguna Glaciar hochwill und mein Zelt hier lassen werde, da man ja wieder zurueckkommt, begann die erwartete Leier: Diesmal zogen sie die Geschichte, Leute aus den umliegen Doerfern kaemen immer wieder hier herauf und klauen aus den Zelten alles, was sie finden koennen. Mit nur 20 Bolis koennten sie mir aber einen Aufpasser besorgen, der dann nicht nur die Tourgruppenzelte, sondern auch meins bewachenen wuerde. Ich musste schmunzeln. Der zweite Guide wollte nur noch 10 Bolis von mir investiert wissen. Alles zu meiner Sicherheit. Ich sagte ihm, wenn er an mein Geld wolle, soll er sich an den Dorfschullehrer von Lakathiya wenden. Dort habe ich es bereits abgeladen. Wenn es so schlimm waere, trage ich eben meine Sachen zur Laguna Glaciar. Da meinte der hoefliche Bursche, oben stuenden aber Leute, die von mir Kohle haben wollen, sonst liessen sie mich nicht durch. Ohne Guide waere da nichts zu machen, aber er koenne fuer.... Da platzte mir der Kragen. Ich sagte, wenn das so waere, dann gehe ich eben morgen runter. Unter solchen Bedingungen mache mir Trekking keinen Spass und fuer so einen Preis ist es mir die Laguna nicht wert, sie zu besuchen. Gletscherseen gaebe es auch in Chile. Das waere ein freies Land, wo ich mich ohne Wegelagerer frei bewegen kann. Das sass! Denn wenn es ein Land gibt, das die Bolivianer nicht leiden koennen, ist es Chile, da Chile ihnen einst den Meereszugang genommen hat. Ich hatte dann einen ruhigen Abend, machte mir aber so meine Gedanken.

Die Sonne schien aus allen Rohren. Ich musste da hoch. Gar nicht mal der Lagune wegen. Einen See mit ein paar Eisbrocken drin habe ich schon etliche Male erlebt. Eher die Naehe zum Gletscher, die 5.088 Meter Hoehe und die Aussicht lockten mich. Ich liess das Zelt leer stehen, nur meine dreckige Unterwaesche liess ich als Abwehrwaffe fuer moegliche Eindringlinge drin. Zwei Gruppen waren schon vor mir los und ich folgte ihnen den deutlich sichtbaren Pfad hoch. An einem markanten Pass, dem einzigen, naeheren Uebergang ins naechste Kar holte ich die Israeli-Gruppe ein. Die Frau unter den drei Maennern schimpfte fuerchterlich. Alles waere bezahlt, sie zahle nicht einen Boli mehr. Es war leider wahr. Wegelagerer! Ich wollte einfach weitergehen, da stoppte mich der eine. Da waeren viele Steine, wenn ich weiterginge, die runterfallen wuerden. Aber wuerde ich ihm Geld geben, waere alles ok. Wer er sei und ob er hier die Regeln mache, fragte ich, worauf er sagte, er sei Minenarbeiter und ja, er mache hier die Regeln. Ich zeigte mich unbeeindruckt und ging einfach die Stufen hinterm Pass runter. Da schrie sein Kumpel laut "Los Piedras peligrosas" (die gefaehrlichen Steine) und gab somit wohl das Zeichen fuer seine Kumpel, die oben auf der Klippe standen. Etwa 30 - 40 Meter vor mir hoerte ich den typischen Klang zu Boden fallender Steine und sah eine kleine Staubwolke. Ich musste umkehren. Sie wuerden mich umbringen oder zumindest schwer verletzen. Am liebsten haette ich den Obermeyer meinen Trekkingstock in die Brust gerammt und die Klippe runter gestossen. Ich beliess es bei den uebelsten Beschimpfungen auf Deutsch und Spanisch, die ich dank eines eigens dafuer herausgegebenen Buches gelernt habe und ging zurueck zum meinem Zelt. Die Israelis muessen doch was bezahlt haben, denn sie wurden durchgelassen. Nein! Das ist es mir nicht wert und ich unterstuetze keine Wildwest-Methoden. Dann eben nicht. Langsam packte ich mein Zelt ein und ging zuegig nach Sorata zurueck ohne weitere Vorkommnisse. Der ueberraschten Petra erzaehlte ich vom Erlebten. Sie haengt vom Tourismus ab und war schockiert. Den Lehrer werde sie fragen, wo die 30 Bolis eingesetzt wurden, ggf. ihre Unterstuetzung fuer die Schule einstellen. Die Guides wolle sie mobilisieren, denn der Tourismus koenne einen weiteren Eintrag dieser Art in den Reisefuehrern nicht gebrauchen. Vor 4 Jahren war ich bereits in Bolivien und erlebte ein friedliches Land, in dem ich mich frei und besonders angstfrei in den Bergen bewegen konnte. Nun, vielleicht dank Praesident Evo Morales und seinen Selbstbewusstseinspredigten, liest man von Raubueberfaellen an der Laguna San Francisco, hoert von Vergewaltigungen in Coroico, von bewaffnetem Raub an den bekanntesten Trecks und bekommt an eigenem Leib Bedrohungen von Wegelagerern zu spueren. Ach ja: Eine Polizei soll es hier auch geben. Sie tritt aber nur an Strassenkontrollen in Erscheinung, wo sie unbedarfte Buerger drangsaliert und denen ihre Macht demonstriert. Es ist eine sehr traurige Entwicklung, die dem Tourismus und somit einem wachsenden Wirtschaftszweig des Landes ernsthaft schadet. Fuer die Mehrheit der Menschen, die grundsaetzlich hoeflich und freundlich sind, hoffe ich, dass dieser Mist bald ein Ende hat. Unsere naechste Trekking-Tour machen wir jedenfalls wirklich erst in Chile, auch wenn wir uns fuer hier eigentlich noch so schoene vorgenommen hatten.

Die Besteigung des Huayna Potosi - 07.-08.10.2007 (von Andreas)

Die beiden Schweizer sind schon da und empfangen die Ausruestung, als ich puenktlich um 9 Uhr das Tourbuero in der Calle Illampu in La Paz betrete. Fuer mich sind lediglich Pickel, Steigeisen, Hueftgurt und vorsorglich ein Paar Ueberhandschuhe noetig. Der Bergfuehrer stellst sich als Fideo vor, den Namen seines Assistenten sollten wir nie erfahren, nur dass sich Aymara fast wie hebraeisch anhoert, wenn sich die beiden unterhalten. Waehrend der Minibus sich steil die grausamen Pisten der Vororte von La Paz nach oben kaempft, lerne ich auch meine beiden Seilpartner kennen. Keinesfalls Bergspezis sind die beiden Skilehrer. Felix erzaehlt von gelegntlichen Bergtouren, Fredi haelt sich bei dem Thema sehr zurueck, hat aber immerhin den Klimandscharo auf seiner Vita. Ich bin froh, es hier nicht mit den befuerchteten schweizer Bergsteigerprofis zu tun zu haben, die diese Tour nur zum Aufwaermen fuer hoehere und schwierigere Ziele nutzen.

Nachdem die letzten Barracken El Altos passiert sind, geht es durch die bekannte karge Hochebene. Einige Kontrollposten sind auf der Piste nach Zongo zu passieren und bald schon sehen wir den BERG hoch ueber dem Altiplano aufragen. Ironischerweise halten wir fuer enen Fotostopp exakt vor einem hier schon gar nicht in dieser Groesse erwarteten Friedhof, der den Ausdruck der Trostlosigkeit dieser tristen Umgebung vollendet. Wir hoffen, unsere Tour wird nicht hier enden.

Hinter dem Milluni-Stausee ist die Fahrt auf 4.718 Metern Hoehe (so Fredis Hoehenmesser) zu Ende. Mit Bananen, Toastbrot, Schinken und Kaese sollen wir uns fuer die bevorstehende Aufgabe staerken. Der Menge des Essens nach rechnen die Bergfuehrer offensichtlich mit Schwierigkeiten oder Verzoegerungen. Irritiert stopfe ich eine gigantische Broetchentuete unter meinen Rucksackdeckel. Waehrend das Hausschaf des letzten Aussenpostens vor der Cordillera Real sich genuesslich ueber unsere Bananenschalen hermacht, nehmen wir die erste Etappe zu einer Schutzhuette in Angriff. Ein schoener, breiter Trampelpfad fuehrt zunaechst an einer Gletscherzunge vorbei, dann eine Moraene hinauf. Kurz sehen wir die Schutzhuette ueber uns, dann ist alles in dichtem Nebel gehuellt. Muehsam klettern wir ueber metergrosse Steinbrocken, die den Trampelpfad nun ersetzt haben. Vielleicht ist es das schlechte Wetter, das Fideo und Felix zur Eile bewegen. Schon nach gut anderthalb Stunden treten wir in die von aussen gemuetlich wirkende Huette auf 5.130 Metern ein. Im schlichten, zugigen Innern erwarten uns ein paar Hocker, ein grosser Tisch und eine Bank sowie ein Schlafraum im Obergeschoss, in dem sich bereits eine Gruppe Franzosen abgelegt hat. Ausser Teetrinken, ein wenig Abtragung des Broetchenbergs und Unterhaltungen verschafft mir nur mein unruhiger Darm etwas Abwchselung, indem er mich gelegentlich ins Sauwetter rausscheucht, wo man eine dreiwaendige Latrine gebaut hat. Dummerweise liegt die offene Seite zur Huette hin, wohl damit  jeder gleich sehen kann, ob besetzt oder nicht. Schon um kurz vor 7 Uhr liegen wir in unseren Schlafsaecken.

Der Tee trieb mich zwei Mal raus in der Nacht. Jeweils war ich von dichtem Nebel und Schneetreiben umhuellt. Auch als wir kurz nach Mitternacht aufstehen, hat sich an der Wetterlage nichts geaendert. So lassen wir uns etwas Zeit, bis wir um 1:30 Uhr doch den Versuch wagen und in das Schneegestoeber hinaustreten. Fideo, ich und Felix hinten bilden einer Dreierseilschaft, waehrend Fredi mit dem Namenlosen verbunden ist. Schon nach kurzer Zeit muss ich feststellen, dass langes Unterhemd, zwei Fleecejacken, Regenjacke, Sturmhaube und Kapuze etwas uebertrieben sind. Denn der Anstieg ist steiler als erwartet und laesst uns alle 5 schnell ins Schwitzen kommen. Bald sehe ich auch, wofuer wir die Steigeisen bereits so frueh angelegt haben: Ein 50 Grad Steilhang, 40-50 Meter hoch, ist zu erklettern. Die Pumpe geht! Fredi, der sich vor dem Abmarsch noch uebergeben musste, haelt mit dem Namenlosen tapfer den Anschluss. Wie Pausen erscheinen uns flachere Abschnitte, waehrend wir meist steil aufwaerts stapfen. Der sternenlose Himmel laesst leider keine weitergehenden Blicke zu als der Schein unserer Stirnlampen uns bietet. Mit der Hoehe kommen auch Wind und Kaelte - also wieder alles anziehen. Nur gegen den Frost in meinen Fuessen habe ich ausser Bewegung keine Mittel.

Nach gut vier Stunden stehen wir auf 5.900 Metern vorm letzten Teilstueck. Es hat aufgehoert zu schneien und auch die Wolken sind in grosse Hoehen gezogen. So kann ich im Daemmerlicht des aufgehendes Tages gut erkennen, was uns bevorsteht: Ueber uns baut sich wie ein Turm ein Steilhang zum Gipfel auf. Wir traversieren mehrfach den Hang, der fast wie ein Eisbruch von unzaehligen Spalten durchzogen ist. Teilweise balancieren wir genau neben den tiefen Eisabgruenden in der Hoffnung, unsere schmalen Bruecken ueber die gefaherlichen nicht sichtbaren Spalten halten. Felix bittet durch Zug am Seil immer haeufiger um Pausen, die mir nur Recht sind. Waehrend wir auf dem Pickel gestuetzt gierig Luft einsaugen, zieht Fredi trotz seines Zustands an uns vorbei. Nach dem Steilhang geht es kurz ueber mit Eis versetztes Geroell und dann noch einmal einen aeusserst steilen Aufschwung den Gipfelgrat empor. Dabei muessen wir eine 7-8 Meter hohe Eiswand hochklettern. Auf ueber 6000 Metern ist das Einschlagen von Pickel und Frontzacken der Steigeisen und das sich daran Hochziehen wahrlich keine leichte Aufgabe mehr. Links neben uns geht es steil abwaerts. Schwindelfrei sollte man hier sein, wie auch auf dem letzten Stueck zum Gipfel.

Um kurz nach halb 7 Uhr stehe ich auf 6.088 Metern Hoehe, so hoch wie noch nie. Vielleicht auch nur 6.086, da das Betreten des hoechsten Punkts wegen gefaehrlicher Wechten nicht ratsam ist. Braeche man mit ihr ab, erhaelt man einen 1000 Meter Freiflug zum Fuss des Berges. Der Ausblick auf die Cordillera Real ist im diffusen Licht des Morgens ueberwaeltigend. Die Wolken ueber uns sind hoch genug fuer freie Sicht auf alle Gipfel, die wiederum aus den tiefer liegenden Wolken in den Taelern ragen.

Nach vorsichtigem Abklettern der gefaehrlichen Stellen sehen wir auf dem Rueckweg all die Eispalaeste und Riesenspalten, die uns im Dunkel des Aufstiegs verborgen blieben. Bizarre Welten aus Eis und Schnee, so wunderschoen und doch so gefaehrlich. Gluecklich und stolz kehren wir zurueck zur Schutzhuette und nach schmerzhafter Abkletterei ueber die Moraenenfelsen erreichen wir schliesslich den Fuss des Bergs, wo wir dank Verspaetung des Fahrers genuegend Zeit haben, auf unseren Erfolg anzustossen.

"Dagegen war der Kilimandscharo ein Sonntagsspaziergang." Ein eindeutiges Urteil Fredis ueber den Huayna Potosi, der gemeinhin als leicht beschrieben wird. In den Alpen wuerde dieser Berg niemals diese Bezeichnung erhalten, hoechtens mit dem Zusatz technisch, denn alles andere ist auch eher leichtsinnig. So locken sogar unabhaengige, eher zur Vorsicht mahnende Reisefuehrer auch Leute auf einen Berg, dem sie nicht gewachsen sind. Es gibt keinen leichten 6.000er! Hoechstens einen verhaeltnismaessig leichten. Die Tourunternehmen werden wohl nur in den seltensten, offensichtlichsten Faellen darauf hinweisen, was einen wirklich erwartet. Dass man tiefe Spalten neben sich hat, in grosser Hoehe eisklettern muss, mit Pickel und Steigeisen zumindest ein wenig umgehen koennen sollte, oder wenigstens eine gute Einweisung erhalten, die wir - vielleicht unsere Erfahrung vorausgesetzt - nicht bekamen. Zum Gipfel hin ist letztlich Schwindelfreiheit absolute Voraussetzung. Mich wundert, dass bislang hier kaum etwas passiert ist, bei zu kurzen Seillaengen, die uns dem Guide nachklettern liessen, ohne dass der schon Stand hatte und all den voelligen Berganfaengern, die vom Wort "leicht" geblendet, dem Lockruf der 6.000 nicht wiederstehen koennen.

Lieber Fredi, lieber Felix: Damit ich diesen Bericht mit den dafuer noetigen Bildern bereichen kann, bitte schickt sie mir!

Salar de Uyuni 24.-26.10.2007 (von Beate)

Andreas war damals wie heute ueberwaltigt  - jetzt schreibe ich mal meine Eindruecke.
Ich finde, dass die Landschaft mit ihrer Weite und Stille kaum mit einem Standbild zu beschreiben ist. Die Gegend ist hier so wahnsinnig anders als alles, was ich bisher gesehen habe.
Da die Wiedergabe mit Worten begrenzt ist, will ich einfach mal die Sinneseindruecke beschreiben:

 Wenn man keine plappernden Mitreisenden neben sich hat, ist die Chance gut, erst einmal GAR NICHTS zu hoeren. Stille, gelegentlich durchbrochen von Windgeraeuschen abhaengig von der Windstaerke.
Das Knirschen des Salzes unter den Fuessen, wenn man die Salzflaeche betritt, ist viel lauter und dumpfer, als wenn man beispielsweise auf Schnee oder Eis tritt. Kommen wir also automatisch zu den visuellen Eindruecken: In Ermangelung jeglicher Vegetation kann man sich anstatt auf irgendwelche Objekte rein auf die Farben und Formen konzentrieren.
Formen sind nicht nur in den einzelnen Salzkristallen selbst, sondern auf der Salzkruste sichtbar, und zwar in annaehernden Sechsecken. (Warum die Natur diese Form anstrebt, haben wir uns von einer mitreisenden Geologin erklaeren lassen, aber vielleicht kommen passionierte Baecker gerade in der Plaetzchenbackzeit auch allein darauf. Aufloesung folgt spaeter, tueftelt erstmal.)
Die Farben sind natuerlich alle  Nuancen von Weiss im Salz, je nach Sonnenstand und Feuchtigkeit. Leider hatten wir nicht das Glueck, die Salzwueste nach Regenfall zu erleben, dann haette naemlich ein duenner Wasserfilm auf dem Boden dazu gefuehrt, alles wie im Spiegel betrachten zu koennen. Und sei es auch nur den grenzenlosen Himmel mit seiner unglaublich tiefblauen Farbe. Dichter haben schon laengst alle Schilderungen von Blau geliefert - war auch einer mal hier? Auf jeden Fall sind das die beiden dominanten Farben, so weit das Auge reicht.
Braun- und Grautoene aus den Gipfeln am Horizont sind weniger spektakulaer, aber a) fuer das Auge sehr willkommen, endlich wieder einen Punkt fixieren zu koennen und b) fuer das Gehirn, sich nicht voellig orientierunglos ueberfordert zu fuehlen...
Ein paar Felserhebungen gibt es auch innerhalb dieses Salars. Eine solche sogeannte Insel haben wir auch besucht, nachdem wir etliche Fotos im Stil "oben blau - unten weiss" gemacht haben, sollte jetzt auch die Farbe gruen hinzukommen! Zigtausende Kakteen waren vorherrschende Pflanzen, die anderen nimmt wahrscheinlich niemand wahr... Ueberraschend dann neben der Vielzahl auch auch die Groessen einzelner Exemplare, bis zu 11 m haben wir gesehen.

Da wir keine Masochisten sind und die Kakteen nicht streicheln, haben wir die Salzkristalle angefasst: Lassen sich leider gar nicht vom Boden loesen! Geschmack und Geruch sind auch nicht so wie erwartet - naemlich gar nicht salzig - da haben wir wohl eine anderer mineralische Schicht erwischt... Auf der Tour haben wir auch verschiedenste Lagungen besucht. Was ich zunaechst fuer plakative Versprechungen der Reiseagentouren hielt, hat sich aber als echt herausgestellt: jede Laguna hatte eine andere Farbe! Unglaublich, dass sogar eine rote dabei war. Und nicht zuletzt die rosafarbenen Flamingos gaben tolle Farbtupfer in den Kulissen. Manchmal kann auch Kitsch schoen sein. Ein Felsformation dort wird nach Dalí benannt - in einem Bildband besitze ich sogar ein Abbild eines seiner Gemaelde, was Dalí nach dieser Vorlage gemalt haben soll. Ist hier sogar sein Surrealismus entstanden? Die bizarren Landschaften gaeben dafuer jedenfalls sicherlich genuegend Inspiration.

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